Einfach nur Laufen

Nachdem ich in der letzten Zeit eher weniger zum Laufen gekommen bin gibt es mal einen Blogpost zu einem eher ernsteren Thema. Keine Angst, es wird kein philosophischer Vortrag. Aber doch ein Blogpost ohne Bilder. Warum das so ist?

Nun ja… ich bin in den letzten Wochen, eigentlich Monaten, in eine Situation gekommen, die wahrscheinlich viele von euch kennen. Viel Arbeit, viel Streß, kaum Zeit sich zu erholen, immer fort braucht jemand was von einem. Natürlich will man selbst nicht zu kurz kommen und macht sich zum Arbeitsstreß auch noch Freizeitstreß dazu. Unweigerlich, ohne es wirklich zu merken, fährt man auf eine Wand zu.

Ich dachte immer Burnout ist so eine Modeerscheinung, eine selbstgemachte Krankheit. Aber weit gefehlt, es ist in der heutigen Zeit sehr ernst zu nehmen und ich bin froh, daß ich noch rechtzeitig die Kurve gekratzt habe.

Was hat das jetzt alles mit Laufen zu tun? Ich habe es durchs Laufen gemerkt, nämlich, dadurch daß ich keine Lust und Motivation mehr hatte zu laufen. Und das OBWOHL ich einen Trainingsplan für einen Marathon hatte! Ich hatte plötzlich auch körperliche Beschwerden und irgendwann mitten in der Vorbereitungszeit hatte ich gemerkt, daß sich das nicht ausgeht. Zuviele Einheiten habe ich ausgelassen, vor allem die Tempo-Einheiten. Und ganz ehrlich, einen Marathon ohne Vorbereitung zu laufen macht einfach keinen Sinn! Vielleicht war auch genau der Plan das Problem. Ich hatte mir vorher nicht klar gemacht wieviel Zeit ich investieren kann. Ich hatte nur Herzfrequenzen, Kilometer, Zeiten und Tempo im Kopf. So habe ich mir unbewusst noch mehr Druck gemacht und das zum Alltags- und Berufsstreß dazu.

Dann, vor circa zwei Wochen gab es einen Auslöser und ich wusste, ich musste etwas ändern. Und ich ging wieder laufen. Aber diesmal OHNE Uhr und OHNE Smartphone!

Einfach zur Laufen.

Keinen Zeitdruck, kein Tempo auf das zu achten war, keine Herzfrequenzzahlen die ich halten musste. Einfach nach Lust und Laune 🙂 Und am nächsten Tag auch, und am Tag darauf. Und so kam beim Laufen die Motivation zurück und auch Lösungen für andere Probleme in Sichtweite. So bestätigte sich für mich wieder mal der Spruch: Bewegung macht den Kopf frei!

Was ist also, zumindest für mich, die Moral von der Geschichte? Es geht nicht immer um Zahlen und Zeiten, um höher und weiter, um Technik und Ausrüstung. Lass das alles einfach mal sein und tu was dir Spaß macht! Und… Wenn du was Großes vorhast und einen Trainingsplan hast, mach dir wirklich Gedanken, ob du genug Zeit hast den Plan auch umzusetzen.

So ganz ohne Fotos geht es für uns Blogger dann natürlich auch nicht 🙂 Zumindest nach dem Laufen gab es ein paar Schnappschüsse.

Nach Istrien zum Istrski Maraton werde ich auch fahren, aber welche Strecke ich laufe werde ich spontan entscheiden, wonach mir gerade ist!

 

In dem Sinne

Keep on running

and be fearless

und passt auf auf euch!

 

Eure Trailbirdie

 

50 Jahre laufend mutig

Es war der 19. April 1967, als eine Frau Geschichte schrieb. Damals war ihr das noch nicht so bewusst, denn sie wollte doch nur das was für uns Frauen heute ganz normal ist… LAUFEN! Und das über 42,195 km. Auch nicht so was Besonderes, wenn ich mir die Mädels anschaue, die über 100 km oder 100 Meilen oder noch weiter unterwegs sind!

Aber vor 50 Jahren war es etwas Besonderes! K.V. Switzer war in der Startaufstellung des Boston Marathons zu lesen. Nie im Leben hätten die Veranstalter gedacht, daß sich eine Frau hinter diesen Initialen versteckt. Immerhin war es Frauen nicht gestattet an Wettläufen über 400 m teilzunehmen. Es ist nicht gesund für Frauen, hieß es. Es könnte euch die Gebärmutter herausfallen, sagte man ihnen. Heute unvorstellbar! Als den Veranstaltern klar wurde, daß eine Frau in ihrem Rennen läuft versuchten sie Kathrine sogar handgreiflich aus dem Rennen zu nehmen. Die ganze Story könnt ihr auf Kathrines Homepage oder am Blog vom Club 261 nachlesen!

Warum ich jetzt einen Blogpost darüber schreibe? Vor drei  Jahren war ich in der glücklichen Lage diese Frau kennen zu lernen. Kathrine Switzer, heute 70 Jahre und noch immer voller Energie. Heuer am 17. April wird sie 50 Jahre nach ihrem Marathondebüt wieder in Boston an der Startlinie stehen und ich habe dies zum Anlass genommen ihr ein paar Fragen zu stellen.

Hier das Interview (übersetzt aus dem Englischen):

Trailbirdie: Was ging dir an der Startlinie vor knapp 50 Jahren in Boston durch den Kopf?

Kathrine: Ich war so aufgeregt endlich dort zu sein. Während meines ganzen Trainings habe ich an dieses großartige Rennen gedacht, ich war wie ein Pilger, der am Ende seiner Reise in die Kirche geht. Ich wollte einfach nur laufen. Ein bißchen nervös war ich schon, ich wusste nicht wirklich was ich erwarten konnte, aber all die Männer waren wirklich wunderbar. Ich wusste, daß ich es körperlich schaffen würde, immerhin lief ich im Training schon 50 km, so war ich sicher die Distanz zu schaffen.

MARATHON
Der Zwischenfall 1967

T: Wann wurde dir klar, daß du nicht einfach nur ein Rennen läufst, sondern etwas in der Welt veränderst?

K: Eigentlich erst auf der langen Autofahrt von Boston zurück zur Syracuse Universität. Wir hielten für eine Kaffepause und sahen die Zeitungen, und meine Story war überall! Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich es wäre einfach nur ein langweiliger und eigenartiger Zwischenfall gewesen, ich hatte keine Ahnung, daß daraus so große Aufregung entstehen würde. Noch immer, tief in meinem Herzen, weiß ich, daß Laufen mich verändert hat und dieser Marathon hat mich absolut verändert. Dieser Zwischenfall an dem Tag auf der Strecke hat mich so stark geprägt, ich wollte unbedingt Veränderungen im Sport für Frauen herbeiführen… Erst etwas später habe ich gesehen, daß wir ein bißchen was in der Welt ändern können.

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Boston 1972, 7 Frauen des ersten offiziellen Frauenfeldes eines Marathons

T: Wie unterscheidet sich dein Training jetzt von dem Training für Boston 1967?

K: Ehrlich, es ist ziemlich gleich wie 1967!!! Aber, es ist absolut nicht das gleiche wie 1975, da war ich schon eine viel bessere Athletin und auch international angesehen. 1967, war der Hauptfokus die Distanz zu bewältigen. Ich lief circa eine Stunde annähernd jeden Tag und machte einen langen Lauf am Wochenende. Ich machte einen Trainingslauf über 50 km zwei Wochen vor Boston um so das Selbstvertrauen zu bekommen zu finishen. Jetzt, mit 70 Jahren, laufe ich fast jeden Tag, mindestens eine Stunde und mache alle 8-10 Tage einen langen Lauf. Mein längster Lauf ist 30 km auf einem hügeligen Kurs. So circa alle 8 Tage mache ich etwas Speed-Training, Intervalle von 1 km mit 3 Minuten Pause. An lauffreien Tagen mache ich Übungen für die Stabilität und erhole mich vom Laufen. Hauptfokus jetzt ist gesund an der Startlinie zu stehen und die Distanz zu finishen. Aber 1975… wow, damals trainierte ich zweimal täglich, jeden Sonntag 35 km in gutem Tempo, zweimal die Woche Speed-Training und ein langer Lauf mitten in der Woche. Ich lief viele Wochen mehr als 160 km pro Woche!! Es ist eine Sache zu laufen und eine Distanz bewältigen zu wollen und eine komplett andere Sache als Eliteläufer im Wettkampf zu sein.

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Kathrine 2017 bei einem Trainingslauf in Neuseeland

T: Du bist mittlerweile für tausende Frauen ein Vorbild, wer ist dein Vorbild?

K: Ich habe ein paar – das sind Frauen wie Gloria Steinem für ihre Intelligenz und ihren Aktivismus, Billie Jean King für ihre Lebhaftigkeit und ihre Fähigkeit zu erkennen, daß Sport-Angelegenheiten Frauen-Angelegenheiten sind. Aber mein größtes Vorbild ist Margot Fonteyn für Ihre Fähigkeit Ballett – was körperlich absolut anstrengend und schmerzvoll ist – in etwas Schönes, Poetisches und Elegantes zu verwandeln. Das ist wie ich einen Marathon laufen wollte.

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Boston, 1972

 

T: Wenn du jetzt etwas Verrücktes machen könntest, was wäre das?

K: Ich MACHE gerade etwas Verrücktes!! Ich versuche Geranien pflanzen, schreibe gerade ein weiteres Buch, in dem ich den 2. Teil meiner Biografie behandle. Ich denke, sollte ich wirklich nochmal was ganz Verrücktes machen, ich würde versuchen den 89 km Comrades Marathon in Südafrika zu laufen. Dieser steht schon seit 1969 auf meiner To-do-Liste.

T: Wie beschreibst du 261 fearless in wenigen Worten?

K: Es bedeutet die Fähigkeit mächtig und mutig zu werden, sie ist in uns allen vorhanden, schon die einfachste Tat, einen Schritt nach dem anderen zu machen, gibt uns die Stärke in uns selbst zu vertrauen und unglaubliche Widrigkeiten zu überstehen. Aber du musst die Möglichkeit haben es zu VERSUCHEN – und 261 fearless gibt uns diese!

Vielen Dank Kathrine! Dafür, daß du damals einfach gelaufen bist und uns Frauen eine Tür geöffnet hast! Sport ist das eine, aber was wir fürs Leben daraus mitnehmen können ist noch eine viel größere Sache.

Als Buchtipp kann ich euch Kathrines Biographie „Marathon Woman“ empfehlen!

Viele Frauen werden heuer gemeinsam mit Kathrine in Bosten laufen. Und auch wir vom Club 261 in Kärnten werden mit dabei sein, zwar nicht direkt in Amerika, aber wir werden zeitgleich (praktischerweise ist das der Ostermontag!) eine Runde um den Wörthersee laufen 🙂 Das ist auch ziemlich genau ein Marathon und wer dabei sein will kann sich gerne direkt bei mir melden. Es ist auch möglich auf der Strecke einzusteigen und einen Teilabschnitt mit uns zu laufen. Je mehr desto besser und vor allem lustiger!

 

Keep on running

and be fearless

Eure Trailbirdie

 

Photocredits: Kathrine Switzer, Boston Herald, Corbis